Knecht Ruprecht – Wer ist der dunkle Begleiter des Nikolaus in der Weihnachtszeit?

Wer ist Knecht Ruprecht?

Ist er ein Helfer, oder ein Dämon – und wie passt er in die Tradition der Sankt Nikolaus?

Es gibt verschiedene Ursprungsgeschichten für die Legende vom Knecht Ruprecht. Knecht ist im althergebrachten deutsch ein Diener oder untergebene Gehilfe des bauren, oftmals gleichbedeutend mit Leibeigenschaft, Knechte hatten keine Rechte.

Eine alte Legende berichtet, dass er ein schwer verletztes Findelkind war, dass der Nikolaus rettete und aufzog.

Eine weitere Geschichte erzählt, er sei ein wilder Mann mit Hörnern, der in der Weihnachtszeit wie ein dunkler Elf aus dem Wald kommt, um dem Nikolaus bei der Arbeit zu helfen.

Eine obskure und ziemlich schreckliche Legende kommt von einer Erzählung über St. Nikolaus, als er an einem Gasthaus ankam. Er entdeckte ein widerliches Verbrechen: der Wirt hatte 3 Jungen getötet und sie in Fässer als Pökelfleisch gesteckt. Sankt Nikolaus erweckte die drei Jungen wieder zum Leben und der Wirt wurde für seine Gräueltat dadurch bestraft, indem er gezwungen ist, mit dem Nikolaus bis in alle Ewigkeit als Helfer und Knecht zu arbeiten.

Als Kind bekommt man erzählt, dass der Nikolaus Süssigkeiten in der Nacht vom 5. Zum 6. Dezember bringt. Aber wie die meisten deutschen Geschichten, Legenden und Märchen gab es ein Element der Gefahr oder eine Warnung, ein beängstigendes Gleichgewicht für die Süße, Milde des wohlwollenden Geschenkspenders Sankt Nikolaus  – und der Gegenpol ist der furchteinflössende Knecht Ruprecht.

Of wird er beschrieben als ein wilder Mann mit einem buschigen Bart. Er trägt einen langen braunen Umhang mit einer Kapuze und trägt einem großen Stock mit dem er droht, Dich zu verprügeln wenn Du unartig und ungezogen warst. Um seine Taille hat er Glocken hängen, damit Du schon von weitem hören kannst, dass der Knecht Ruprecht naht.

Ich bin überzeugt, dass der Teil mit den Glocken irgendwann von den Eltern hinzugefügt wurde, die ihren Kindern mal so richtig Angst machen wollten. Da brauchten sie nur mal heimlich ein Glöckchen läuten und warnen – „Hörst Du schon, der Knecht Ruprecht ist auf dem Weg, benimm Dich, oder er holt Dich weg!“

Wenn der Nikolaus dann kommt, öffnet er das große Buch, um zu prüfen, ob der Teufel etwas Schlechtes über Dich reingeschrieben hatte. Je nachdem wie gläubig Deine Familie war, hat der Knecht Ruprecht dann abgefragt, ob Du denn Dein Vaterunser brav herunterbeten kannst.

Wenn Du dann noch ein paar extra Bibelverse auf Lager hattest oder ein Weihnachtsgedicht oder Lied aufsagen kontest, dann wurdest Du vom Nikolaus mit Äpfeln oder Nüssen als Leckerbissen belohnt. Wer aber ungezogen war, der bekam vom Knecht Ruprecht nur ein Stück Kohle aus dem grossen Sack – und wer ganz böse gewesen war, wurde in den Sack gesteckt und ward nie mehr gesehn!

Das erste mal taucht der Name Knecht Ruprecht in einem Schriftstück im 17. Jahrhundert in Nürnberg auf, da wird er im Rahmen der Weihnachtsprozession als Gegengewicht zu der süsslich-unschuldigen Christkindl Figur genannt. Das liebe Christkind kann ja nun unmöglich die ungezogenen Kinder bestrafen, da muss ein furchteinflössender Bösewicht her!

Dunkle und beängstigende Geschichten sind ja nicht ungewöhnlich in der deutschen Folklore, wo unartige, unfolgsame Kinder oft mit Drohungen von schrecklichen Konsequenzen gewarnt wurden, wenn sie sich nicht an die Regeln und Anweisungen der Eltern und Erwachsenen hielten.

Man braucht sich ja nur die ursprünglichen Märchen der Gebrüder Grimm anschauen.

Und Heinrich Hoffman hat 1885 den Struwwelpeter geschrieben, weil er für seinen dreijährigen Sohn kein Buch finden konnte, das ihm die richtigen moralischen Lehren zeigte und gleichzeitig eindringliche Warnungen enthielt, was Schreckliches passieren würde, wenn er sich nicht an die Regeln hielt.

Diese dunklen, beängstigenden Geschichten stammten aus einer Zeit, als die Welt ein beängstigender, grausamer und unerbittlicher Ort war. Die Wälder waren dunkel, wild und riesig, Hunger regierte überall and ein Kind, das einen schweren Fehler beging, konnte die ganze Familie ins Unglück stürzen.

Wir mögen diese Erzählungen heutzutage als unnötig grausam, blurünstig, brutal und beängstigend einstufen – aber damals halfen diese moralisierenden Schauermärchen um Kinder vor dem Schmimmsten zu bewahren, vor lauernden Gefahren zu schützen und im Extremfall am Leben zu halten.

Vor allem im süddeutschen Raum kommt der Knecht Ruprecht immer noch regelmässig mit dem Nikolaus auf Weihnachtsmärkten und bei Weihnachtsveranstaltungen zum Einsatz.

Eine interessante Variante zum gütigen Charakter hin ergab sich mit der weiten Verbreitung und steigenden Popularität des Gedichts über Knecht Ruprecht „Von drauß vom Walde komm ich her; ich muß Euch sagen – es weihnachtet sehr!“

Viele halten es für ein altes Volkslied, aber es ist ein Gedicht, das Theodor Storm 1860 in Heiligenstadt zu Papier brachte. Darin geht es natürlich auch wieder um die Prüfung der Kinder vor der Bescherung. Normalerweise war bis dahin Knecht Ruprecht zunächst ein böser Geist und Kinderschreck.

Bei Theodor Storm jedoch ändert sich sein Charkter zu dem des wohlwollenden Gehilfen, der im Auftrage des Christkindes unterwegs ist und sich zu einem freundlichen, gutmütigen Gesellen gewandelt hat, der sowohl die Geschenke bringt, aber auch moralisierend auf der Kinder gutes Benehmen achtet:

Habt guten Abend, alt und jung
bin allen wohl bekannt genung.
Von drauß vom Walde komm ich her;
ich muß Euch sagen es weihnachtet sehr!

Allüberall auf den Tannenspitzen
sah ich goldene Lichtlein sitzen;
und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind hervor.

Und wie ich so strolcht durch den finsteren Tann,
da rief’s mich mit heller Stimme an:
Knecht Ruprecht, rief es alter Gesell,
hebe die Beine und spute dich schnell!

Die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan,
Alt und Junge sollen nun
von der Jagd des Lebens einmal ruhn;
und morgen flieg ich hinab zur Erden,
denn es soll wieder weihnachten werden!

So geh denn rasch von Haus zu Haus.
such mir die guten Kinder aus,
damit ich ihrer mag gedenken
mit schönen Sachen sie mag beschenken.

Ich sprach: O lieber Herre Christ,
Meine Reise fast zu Ende ist.
Ich soll nur noch in diese Stadt,
Wo’s eitel gute Kinder hat.
Hast denn das Säcklein auch bei dir?

Ich sprach: Das Säcklein, das ist hier,
Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
freßen fromme Kinder gern.
Hast denn die Rute auch bei dir?

Ich sprach: die Rute die ist hier.
Doch für die Kinder, nur die schlechten,
die trifft sie auf den Teil, den rechten.
Christkindlein sprach: So ist es recht.
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!
Von drauß, vom Walde komm ich her,
Ich muß euch sagen es weihnachtet sehr!
Nun sprecht wie ich’s hierinnen find:
sind’s gute Kind., sind’s böse Kind?

Vater: Die Kindlein sind wohl alle gut,
haben nur mitunter was trotzigen Mut.

Ruprecht: Ei, ei, für trotzgen Kindermut
ist meine lang Rute gut!
Heißt es bei Euch denn nicht mitunter:
Nieder den Kopf und die Hosen herunter?

Vater: Wie einer sündigt so wird er gestraft;
die Kindlein sind schon alle brav.

Ruprecht: Stecken sie die Nas auch tüchtig ins Buch,
lesen und scheiben und rechnen genug?

Vater: Sie lernen mit ihrer kleinen Kraft,
wir hoffen zu Gott, daß es endlich schafft.

Ruprecht: Beten sie denn nach altem Brauch
im Bett Ihr Abendsprüchlein auch?

Vater: Neulich hört ich im Kämmerlein
eine kleine Stimme sprechen allein;
und als ich an die Tür getreten,
für alle Lieben hört ich sie beten.

Ruprecht: So nehmet denn Christkindleins Gruß,
Kuchen und Äpfel, Äpfel und Nuß;
probiert einmal von seinen Gaben
morgen sollt ihr was beßeres haben.
Dann kommt mit seinem Kerzenschein
Christkindlein selber zu euch herein.
Heut hält es noch am Himmel Wacht;
nun schlafet sanft, habt gute Nacht.

Ursprünglich hörte das Gedicht mit der Frage : „sind’s gute Kind., sind’s böse Kind?“ auf. Storm entschloss sich dann, das Gedicht im Stile eines Gesprächs mit dem Vater fortzuführen und so ergab sich die längere Version, die oben abgedruckt ist.

Eine sehr stimmungsvolle Rezitation des Gedichts findet sich von Christian Rode, der die Atmosphäre bestens in dem Hörwerk „Hausschatz deutscher Weihnacht“  einfängt.

Er rezitiert im Hörwek die Kurzform des Gedichts, und wenn man zuhört, dann wünscht man sich, er hatte die längere Version gleich mitangehängt.

Du findest diese Hörform auf YouTube unter dem Text:

https://www.youtube.com/watch?v=zEbMtfKgeaE