Eine der interessantesten historischen Fakten und Legenden ranken sich um die Person des Weihnachtsmannes, oder Sankt Nikolaus.
Doch kaum jemand weiss heute noch, dass die Figur des Weihnachtsmanns auf dem Heiligen Nikolaus von Myra aus dem vierten Jahrhundert basiert.
Hörst Du lieber zu? Hier ist die Podcast Aufnahme:
Natürlich dominiert der Weihnachtsmann das öffentliche Bild von Weihnachten, aber er basiert auf einer realen Person voller Großzügigkeit und Demut, die wirklich gelebt hat und um 270 n. Chr. geboren wurde.
Was lässt sich über Sankt Nikolaus von Myra herausfinden – und wie kam es, dass sich der katholische Heilige aus der heutigen Türkei in den übergewichtigen Geschenkebringer vom Nordpol verwandelt hat?
Nikolaus wurde um 270 n. Chr. geboren – einige Quellen sagen am 15. März – als Sohn wohlhabender Eltern in Patara an der Mittelmeerküste in der heutigen Südtürkei. Seine Eltern starben an einer Epidemie die in der Stadt wütete, als er jung war. Sie hinterließen dem Jungen ein reiches Erbe, das er später in wohltätigen Handlungen an Arme und Notleidende verteilte.
Nicholas wurde von seinem gleichnamigen Onkel, dem Bischof des nahe gelegenen Myra, betreut, der seinen wohlhabenden jungen Schützling für das geistliche Leben ausbildete und ihn schließlich zum Priestertum ordinierte.
Nikolaus trat die Nachfolge seines Onkels als Bischof an. Er wurde schnell bekannt für seine großzügigen Taten der Nächstenliebe.
Mehrere Geschichten stechen heraus, aus denen sich seine faszinierende Legende entwickelte.
Nicholas hatte von dem Problem eines Vaters erfahren, der kein Gold oder Besitz hatte, um eine Mitgift für seine Töchter bereitzustellen. Da er sie nicht verheiraten konnte, sah der Vater für seine Mädchen nur ein zukünftiges Überleben in der Prostitution.
Als Nicholas davon hörte, kam er in der Stille der Nacht zum Haus und ließ anonym einen Beutel mit Goldmünzen für die erste Tochter durch das Fenster fallen. Am nächsten Abend tat er dasselbe mit einer zweiten Tasche so dass die zweite Tochter eine Mitgift hatte.
Der erstaunte Vater der Mädchen wollte offenbar wissen, wer der anonyme Wohltäter war. Nicholas wählte die Anonymität für seine Geschenke, er war erstens zu bescheiden, um seine Wohltätigkeitsaktion bekannt zu geben, und er wollte der Familie die Peinlichkeiten ersparen, als Almosen Empfänger da zu stehen. Der neugierige Vater versteckte sich in der dritten Nacht, wartete auf die Rückkehr des großzügigen Spenders und erkannte den Bischof von Myra.
Die Identität des jetzt bekannten Wohltäters und sein barmherziger Akt der Großzügigkeit verbreiteten sich in Windeseile. Viele zusätzliche Geschichten vom unbekannten Wohltäter, der Nachts vermummt durch die Stadt schlich, in die Häuser blickte und Goldmünzen zum Fenster hereinwarf, wenn Hunger und Not im Haus regierten, wurden eifrig weitererzählt.
Eine besonders eindrucksvolle Legende wird über Nicholas berichtet, als eine schlimme Hungersnot die Stadt erfasst hatte. Die Bewohner litten furchtbar, es starben die Alten und Kranken und man wartete voller Ungeduld auf die Schiffe mit der ersehnten Getreide Lieferung.
Doch als die Schiffe am Horizont endlich auftauchten, wurden sie von Seeräubern vor dem Hafen abgefangen.
Die Seeräuber verlangten viel Gold zur Auslösung des Getreides, und als das Gold der Bewohner nicht ausreichte, verlangten sie, daß ihnen die Kinder ausgeliefert würden, um sie als Sklaven zu verkaufen, sonst würden sie das Getreide nicht freigeben.
Die Legende erzählt, das Nicholas goldene Ornamente und Kruzifixe aus der Kathedrale holte und damit die Kinder freikaufte.
Eine weitere Legende eher gruseliger Natur erzählt von drei Kindern, die von einem bösartigen Metzger getötet, und in Essig eingelegt wurden, um sie als Schweinefleisch zu verkaufen. Angeblich schöpfte Nicholas beim Anblick des merkwürdigen Fleisches in den Fässern Verdacht, und erweckte die Kinder wieder zum Leben.
Beide Legenden führten dazu, daß Nicholas als der Beschützer der Kinder gefeiert wurde. Zusammen mit den Beuteln voll Gold, die er den Armen oder in Not Geratenen großzügig heimlich durchs Fenster warf, ergab sich später die perfekte Legende des Heiligen Sankt Nikolaus, der den Kindern heimlich Geschenke bringt.
Der Wahrheitsgehalt dieser beiden Legenden ist höchst suspekt, weil die Katholische Kirche nicht dafür bekannt ist, ihre goldenen Ornamente oder andere Pretitiosen jemals für die Armen und Hungernden gespendet zu haben. Die Wiedererweckung der zerstückelten und in Essig eingelegten Kinder ist heutzutage sowieso nicht ernst zu nehmen, erfreute sich aber großer Verbreitung in früheren Zeiten, und ist damals oft in Bildern und Graphiken verewigt worden.
Nach seinem Tod schufen die Geschichten über seine guten Taten und wahrgenommenen Wunder einen Kult um den Heiligen Nikolaus, der sich im ganzen Westen ausbreitete, bis zu dem Punkt, dass der Heilige Nikolaus zu einem der beliebtesten Heiligen in der Kirche wurde, wobei sein Festtag, der 6. Dezember, weithin gefeiert wurde.
Im 12. Jahrhundert führten französische Nonnen eine Tradition ein, am Vorabend des Nikolausfestes Äpfel und Nüsse in die Strümpfe schlafender Kinder zu stecken. Das hat sich dann über die Jahrhunderte in ganz Europa durchgesetzt. Noch heute erhalten Kinder in vielen Teilen Europas kleine Geschenke in Strümpfen oder Stiefeln, die sie am 5. Dezember vor dem Schlafengehen auslegen. Wenn sie morgens aufstehen, finden sie ihre Strümpfe oder Stiefel mit Geschenken vom Nikolaus gefüllt.
In den Niederlanden bleibt das Fest des Heiligen Nikolaus am 6. Dezember und nicht Weihnachten das wichtigste Datum für das Geben von Geschenken.
Im puritanischen England wurde die Tradition des Überreichens von Geschenken informell auf das Fest der Geburt übertragen, wobei eine neue Figur den Platz des Heiligen Nikolaus einnahm: der Weihnachtsmann. Nicht zufällig sah der Weihnachtsmann in künstlerischen Darstellungen denen des Heiligen Nikolaus sehr ähnlich.
In Amerika machten unterdessen deutsche und später niederländische Siedler die Traditionen populär, die mit dem Heiligen verbunden waren, den sie jeweils als Sankt Nikolaus und Sinterklaas kannten , wobei die Holländer in New York im 18. Jahrhundert den Heiligen Nikolaus mit dem Weihnachtstag und nicht mehr wie im holländischen Mutterland mit dem 6. Dezember in Verbindung brachten.
In Amerika wie in Europa war Weihnachten noch kein Feiertag und auch kein Familienfest, wie wir es heute kennen, sondern vor allem eine Zeit der Trunkenheit, eine Tradition, die sich bis Mitte des 19 Jahrhunderts erhielt.
In den frühen 1800er Jahren hatten sich die Traditionen des Heiligen Nikolaus in den Vereinigten Staaten mit denen des englischen Weihnachtsmannes verschmolzen. Dazu warf man noch eine Portion des germanischen heidnischen Gott Odin, der aus der eisigen Kälte des Nordens mit dazu gemischt wurde. Die zusammengesetzte Figur wurde mit Weihnachten verankert, wobei der niederländische Name ‚Sinterklaas‘ allmählich zu Santa Claus verfälscht wurde.
Der endgültige Wendepunkt kam dann in 1821, als Amerikas erstes lithographiertes Buch, The Children’s Friend, übersetzt: Der Freund der Kinder – vom „Weihnachtsmann “ erzählte, der in einem von fliegenden Rentieren angetriebenen Schlitten aus dem Norden reiste.
Zwei Jahre später erschien das berühmte Gedicht „The Night Before Christmas“- „Die Nacht vor Weihnachten“; und legte die Vorlage für den heute vertrauten korpulenten, fröhlichen Gesellen fest, der seinen Besuch am 25. Dezember abstattet, und nicht mehr am 6. Dezember. Diese Vorlage wurde 1869 mit den Zeichnungen des Weihnachtsmanns des US-Künstlers Thomas Nast verankert.
Und so wurde der katholische Bischof des 4. Jahrhunderts, der vor allem für seine Großzügigkeit und Nächstenliebe berühmt wurde, durch eine fiktive Figur ersetzt, die zum Synonym für kommerzielle Vermarktung wurde, wie wir sie heute erleben.